Sonntag, 26. Juli 2015

Syrische Flüchtlinge empört über Patrouille-Suisse-Krach

Zum zehnjährigen Jubiläum des Basel Tattoo überflogen sechs Düsenjets der Patrouille Suisse das Kleinbasel. Viele Syrische Kriegsflüchtlinge fanden daran keinen Gefallen.

Die Patrouille Suisse erschrak viele Asylbewerber zu Tode (Bild: Basel Tattoo)
Seine vermutlich gefälschte Casio-Digitaluhr zeigte exakt 21.36 Uhr an. Sami* und weitere Bewohner, die im Küchendienst eingeteilt waren, hatten den Abwasch fast erledigt und daran sich ein paar übrig gebliebene Kartoffeln zuzubereiten, als das Gedröhne der Tiger-Kampfjets losging. Die Küchenequipe sucht reflexartig Zuflucht im sicheren Keller. Nur wenige Minuten später wiederholt sich der ohrenbetäubende Krach. Die im Untergeschoss zusammengepferchten Bewohner des Bundesempfangszentrums für Asylsuchende beim Zoll Otterbach sind verwirrt und verängstigt zugleich. Krieg im vermeintlich sicheren Europa? «So richtig wollte das niemand wahrhaben», meint Sami. «Der Lärm, den viele sofort und eindeutig Kampfjets zuordnen konnten, sprach allerdings eine andere Sprache. Zudem erschien uns der Gedanke, dass es sich um eine Übung handeln könnte, angesichts dessen das es Samstagabend war, schlicht zu absurd», so Sami weiter.

Dass es sich weder um Krieg, noch um eine Übung, sondern um eine eingeübte Flugeinlage handelte, davon erfahren die Bewohner erst später am Abend. Drei aus Eritrea stammende Asylbewerber, die sich zufällig ohne Ticket in die Show auf dem Kasernenareal eingeschlichen haben, klären Sami und ein paar weiteren Bewohnern, die den Keller nach mehr als eineinhalb Stunden ausharren wieder verlassen haben, über die Sachlage auf. «Wir dachten zunächst an einen schlechten Witz», meint Sami. «Ein Konzert von Gruppen in Militäranzügen, umrahmt von Kampfjets, die in der Luft Kunststücke zeigen. Für Leute, die wie ich vor dem Krieg geflohen sind, klingt so etwas im ersten Moment halt ein wenig abstrus.»

Auch die 24-jährige Alima*, die gemeinsam mit ihren 2 und 3 Jahre alten Söhnen im Basler Empfangszentrum untergebracht ist, hat wenig Verständnis: «Meine Familie kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe der syrischen Stadt Kobane. Vor ein paar Monaten wurde dieses bei Luftangriffen komplett zerstört. Wie man sich am Anblick solcher Kampfmaschinen ergötzen kann, ist mir schleierhaft.» Sie selber hatte am Samstagabend kurz nach halb Zehn gerade ihre beiden Kinder in eines der wenigen Betten gebracht, als die Flugshow plötzlich begann. «Auch ich dachte sofort an einen Luftangriff. Meine beiden Kinder verwachten sofort und fingen an zu weinen.» Erst ein Betreuer kann die junge Familie wieder beruhigen, indem es ihm gelingt ihnen mit Händen und Füssen zu erklären, dass kein Krieg ausgebrochen ist, sondern das Basel Tattoo soeben feierlich zu Ende gegangen ist.

* Namen der Redaktion bekannt

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